Wetter: Über den Wolken scheint immer die Sonne.
Temperatur: ca. -51°C
: Diesmal schon etwas mehr. Die wahrscheinlich längste Tagesetappe auf meiner Tour: 7620 km
Ich bin dann mal wech. Das klingt so einfach, ist aber verbunden mit
viel Endlaufstress: Packerei, Fertigmachen der Steuererklärung, die Impferei,
letzte Versicherungsfragen und die sich manchmal zur Panik auswachsende
Unsicherheit, ob das überhaupt alles so klappt, wie erhofft und versprochen.
Aber das ist jetzt vorbei. Die Taschen sind gepackt: Beide knapp unter den
erlaubten Grenzen. Die Nacht noch gut geschlafen und dann geht es los. Der Stau
vor dem Elbtunnel kann die Erwartungshaltung kaum trüben. (Aber irgendwie habe
ich da ein deutliches déjà vu: da habe ich doch schon mal kurz vorm Abflug im
Stau gesteckt.)
Dann der letzte Abschied im Hamburger
Flughafen. Wir wussten ja, dass das kommen würde, aber jetzt ist es
soweit. Der Kloß im Hals ist da kaum zu vermeiden. Genaueres kann
und will ich hier nicht ausführen.
Dann trennen sich unsere Wege am Security Check. Und schließlich
sitze ich im Flieger und staune noch über das Glück des Upgrades in
die Premium Class. So ist Fliegen durchaus genussvoll.
Der Anflug auf Island: Zunächst alles noch
tief verschneit, dann vollständig abgetaute Flächen mit großen
Schmelzwassersystemen. Also auch hier Frühling.
Der Flughafen gibt sich hipp: Pinke Flugzeuge und extravagante
futuristische Gänge. Sehr stylisch.
Mit einem Schlückchen Sekt nach Hause gegrüßt, und mit noch einem
Schlückchen auf den Erfolg der ganzen Unternehmung getrunken und
dann heißt es "Tschüss, Island - kaum bin ich da, muss ich schon
wieder fort."
Aber was ich von Island gesehen habe, reizt zu der Idee, hier mal
länger zu bleiben. Aber das ist dann eine andere Reise und soll ein
anderes Mal erzählt werden.
Dann der Flug über Neufundland und Quebec:
Packeis vor der Küste, tief verschneit und
bitterkalt sieht das da aus. Und das sind doch nur ein paar hundert
KIlometer nördlich von Halifax, meinem ersten Ziel. Ich fange an mir
Sorgen zu machen, ob das alles richtig gut durchdacht ist.
Der Lammbraten mit eingelegtem Lachs und Kaviar überzeugen mich: Es kann nicht alles falsch überlegt gewesen sein.
Aber dann Toronto - oder sollte ich Horronto
sagen? Kafkaesk!! Ein riesiger Flughafen, der das Gängelabyrinth des
Bahnhofs Friedrichstraße ins Gigantische perfektioniert hat. Alle
Ankömmlinge müssen hier die Einreiseformalitäten abwickeln. Es gibt
riesige (Ich wiederhole mich, ich weiß das.) Säle voller
merkwürdiger, computerartiger Maschinen, bei denen natürlich jeder zu
wissen hat, was er damit soll. Ich habe keine Ahnung.
Ich schaue ein paar anderen Passagieren zu, was sie da machen und denke, dass
kann ich auch: Es sind ja nur automatische Passkontrollen. Aber: Der
blöde Automat kann mich nicht identifizieren, also muss ich in die
zeitaufwändige Individualkontrolle. Dort sehe ich mich einer
freundlich-höflichen jungen Immigration-Officerin gegenüber, die
mich über meine Reisepläne, Vermögensverhältnisse, Rückflugabsichten
etc ausquetscht und überhaupt nicht von meinen ehrlichen Absichten
überzeugt zu sein scheint. Aber letztendlich: 160 Tage
Aufenthaltserlaubnis. Was will ich mehr.
Der Druck fällt etwas ab, um gleich wieder
anzusteigen. Bei der ganzen Tour bisher musste ich natürlich meine
beiden 22 kg-Taschen auf dem cart vor mir herschieben. Jetzt will ich sie wieder
aufgeben. Dazu gibt es sehr praktische drop-in Maschinen, in die man
seine Koffer stellt, damit sie automatisch ins richtige Flugzeug
kommen. Aber: Der Computer ist davon überzeugt, dass ich gar kein
Gepäck habe, also nimmt er meine beiden Taschen nicht an.
Ich krieg
gleich 'ne Krise. Ein Druck auf den roten Knopf löst ein Blinklicht,
ein nervtötend lautes Piep-Piep-Piep und einen herbeieilenden Admin aus.
Der diskutiert lange mit dem Computer, bis er mir endlich ein neues
Gepäckticket ausstellt und zufrieden ist. Endlich von den schweren
Taschen befreit, eile ich zum Gate. Die 2,5 Stunden Aufenthalt in
Toronto haben so gerade gereicht, um pünktlich zum boarding zu
kommen. Toronto hat mich nicht zu einer
Wiederkehr eingeladen - und tschüss.
2 Stunden später in Halifax klappt alles
reibungslos. Bisschen Warterei am Karussel, das Gepäck auf dem cart
ins Hotel schieben, einchecken und weiter ins Zimmer schieben und
innerlich vibrierend ins Bett fallen. Zu Hause ist's jetzt 6.45 Uhr,
und Inkgen ist schon auf. Kurzes Whatsapp und dann wird geschlafen.